RE: Wenn Besuch kommt

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Gefragt 12, Aug 2008 in Hunde von manee (38,820 Punkte)
Es wird mal wieder lang. :) Aber ich bin so baff, dass ich es erzählen muss.

Wie ihr alle wisst, haben wir mit unserer Winnie so manche Probleme durch ihre Unsicherheiten und ihre fehlende Sozialisierung (da muss wohl gar nichts gewesen sein, keine Geräusche, keine Menschen, keine Hunde, irgendwie keine Umwelt). Die wir bearbeiten, mal mit mehr, mal mit weniger Erfolg.

Ein seeehr großes Problem ist nach wie vor das Thema "Besuch", wovon Claire euch ein Liedchen singen kann :S . Winnies Show ist laut, heftig, sie ist sehr schnell und wirkt, als ob sie den Leuten ins Gesicht springen will. Früher war sie gar nicht ansprechbar dabei, vollkommen abgedreht. Wir hatten irgendwann alles durch (vom Alphawurf übers Ignorieren mit festbinden, Ignorieren ohne festbinden, ins Körbchen schicken, wegschließen, mit Leckerlis totfüttern, Dauerklingeln zum Abstumpfen), Ergebnis: Null. Ein bisschen besser wurde es, als ich anfing, sie in Paniksituationen zu beschützen. Da entwickelte sich parallel dazu, dass sie mich fragend ansah, wenn es klingelte, und erst lostobte, wenn der Besuch reingelassen wurde.
Im Garten schaffte ich es zumindest, sie ein bisschen runter zu fahren, indem ich schneller als sie den Nachbarn im Garten oder die Fußgänger durch die Hecke bemerkte als sie und deshalb schon im allersersten Bellansatz NEIN sagen konnte. Befriedigend war das nicht. Und ihren zentralen Platz nahm sie nach wie vor ein, da konnte ich sie von wegscheuchen, so oft ich wollte. Mich machte das nachdenklich, denn Winnie ist normalerweise kein Hund, der sich irgendwelche Freiheiten rausnimmt, es war also aus irgendeinem Grund sehr wichtig für sie, sich nicht an meine Anordnung zu halten. Zusätzlich ging mir immer wieder ein Film durch den Kopf, in dem zwei fremde Wölfe in das Revier eines Wolfsrudels eindrangen. Das gesamte Rudel arbeitete daran wie ein gut eingespieltes Team, diese Eindringlinge zu vertreiben, und waren dabei nicht gerade zimperlich. Das Revier ist eine der wichtigsten Ressourcen, die es gibt. Ohne Revier keine Beutetiere.

Ich versuchte, die Sache wie Winnie zu sehen. Das Ergebnis war traurig: Zum einen interessierte ich mich nicht die Bohne dafür, dass Fremde in unsere Nähe kamen. Statt nach außen hin aufzupassen, drehte ich mich zu ihr um und schimpfte mit ihr, bekam also nichts mit von den Eindringlingen. Zum anderen ließ ich sie vollkommen alleine, sie hatte die ganze Arbeit zu machen. (Man muss bedenken, dass in Winnie eine Rasse drinsteckt, die für ihre Wachsamkeit und ihren Schutztrieb bekannt ist, was die ganze Sache noch verstärkt) Ich vermute, dass nur ihre Beißhemmung dafür gesorgt hat, dass noch nichts passiert ist.
Unser nächster Campingurlaub stand an, und ich war nervös. Der von uns gebuchte Campingplatz ist nicht gerade überfüllt (ca. 20% Auslastung im Schnitt), aber die Parzellen sind eng, und dauernd gehen Leute vorbei. Ich machte einen Plan, und er ging auf!
Sobald Winnie meldete, lobte ich sie. (Warum auch nicht, sie hatte ihren Job doch gut gemacht.) Anfangs war sie sehr überrascht und stutzte, denn ein Lob war dabei was vollkommen Neues :D . Dann übernahm ich die weitere Arbeit: ich hielt ihr direkt beim BLEIB die Hand vor die Nase, um ein eventuelles Lostoben zu verhindern, und stiefelte an die Grundstücksgrenze. Kontrollierte erst angespannt, dann locker die Richtung, aus der der Eindringling nahte, um dann ganz locker, aber fest zu sagen ?Alles in Ordnung, ich habs gesehen?. Tja, die ersten beiden Tage wollte sie es noch nicht so richtig glauben, wuffte noch mal nach, schaute mich aber dabei an. Ich sah noch mal hin, dann kam nochmal mein Spruch, und ich setzte mich wieder und achtete nicht mehr drauf.
Was soll ich sagen: Von den drei Wochen waren die letzten beiden Wochen relativ entspannt. Natürlich musste einer von uns bei Winnie draußen sein, um reagieren zu können, sie hätte sonst wieder getobt, weil sie mal wieder alleine an der Front gewesen wäre. Aber: meistens hob sie nicht einmal den Kopf, ignorierte die Leute völlig, nur die Ohren bewegten sich hin und wieder. Manchmal knurrte sie leise, dann kam ein Lob, dann der Spruch, fertig. FERTIG!! Sie lag entspannt da, manchmal sogar auf dem Rücken, die Beine nach oben, und genoss den Urlaub, den sie hatte. Und die letzte Woche lag sie ohne Anordnung hinter uns. Da wussten wir, dass sie begriffen hatte, dass wir jetzt den Job übernommen hatten und ihn ausreichend ausübten.

Zuhause funktioniert es im Garten genauso, lediglich an schlechten Tagen (wenn es z.B. gewittert hat) ist sie nervös. Aber: Sie liegt relaxt und schläft!, außerdem legt sie sich nicht mehr auf den zentralen Überwachungsplatz. Einfach so, ohne Kommando, unglaublich.
In der Wohnung ist es schwieriger. Das Geräusch der Klingel ist wie ein Startsignal, das über 4 Jahre lang eingeübt wurde, eine richtige Konditionierung. Das wird dauern. Ich kann Winnie aber inzwischen die Treppe hochschicken, wenn der Besuch unten steht, oder sie mit einem ?Bleib oben? daran hindern, runter zu stürzen. Sie bellt noch, zugegeben, aber sie wird relativ schnell ruhig.

Was lerne ich (wieder mal) daraus: Nicht gegen den Hund arbeiten, sondern überlegen, warum der Hund Unerwünschtes macht, und ihm dann helfen. Manchmal kann es so einfach sein.

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Beantwortet 13, Aug 2008 von Anonym
Das freut mich für Winnie und für Euch. Da wird der nächste Urlaub sicher auch schön entspannt. Manchmal muss man einfach selbst dahinter kommen, wie man seinen Hund am besten von "unerwünschtem" Verhalten abhält u. da stimmt halt nicht immer die Lehrbuchversion. Man muss allgemein von dem alten Erziehungstil loskommen und neue Wege einschlagen. Ich denke, dass wir noch immer nicht das volle Potential in der Hundeerziehung ausgeschöpft haben.

Seit ich z. B. Amon einen festen Überblickplatz zugeteilt habe, ist er viel entspannter, den nimmt er auf jedem Grundstück ein und dann ist gut. Am Anfang dachte ich auch noch, ein Hund darf nicht alles im Blick haben, könnte ja urplötzlich die "Weltherrschaft" anstreben. Dann habe ich ihn andauernd von seinem Platz gescheucht. Wenn er allerdings nicht alles im Blick hat, wird er unruhig und das stresst uns beide.

Oder wir waren letztens grillen auf dem Hundeplatz und ich habe ihn mit seinen beiden Freundinnen in den Welpenspielplatz gebracht und bin kurz weggegangen. Urplötzlich stand er vor mir, ist er doch glatt aus dem Stand über den Zaun gesprungen. Er hat dann bei mir bleiben dürfen, weil ihm eingesperrt sein nicht gefällt u. er wohl Angst hatte, dass ich ohne ihn verschwinde, außerdem ist er ohne mich extrem unsicher und nervös. Man könnte meinen, dass das inkonsequent wäre, viel schlimmer hätte ich es aber gefunden, meinen Hund zurück zubringen und ihm dadurch klar zu machen, dass er bei mir keine Sicherheit findet. Später als er dann sicher war, hat er im Welpenauslauf geschlafen.
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Beantwortet 13, Aug 2008 von manee (38,820 Punkte)
außerdem legt sie sich nicht mehr auf den zentralen Überwachungsplatz.

Seit ich z. B. Amon einen festen Überblickplatz zugeteilt habe, ist er viel entspannter,

Gegensätzlichere Lösungen beim gleichen Problem gibt es wohl nicht. Und beide führen zum Erfolg. Da sieht man doch wieder deutlich, wie unterschiedlich unsere Hunde sind.
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Beantwortet 13, Aug 2008 von Claire (20,260 Punkte)
Oh ja, Winnies Getobe ist mir noch gut in Erinnerung :whistling: da kam doch bei mir glatt wieder ein leichtes Angstgefühl durch ....
Aber es ist doch toll, dass ihr jetzt endlich eine (Teil-)Lösung gefunden habt. Ich bin ja so froh, das Lena in dieser Beziehung so gar keine Ambitionen hat. Sie braucht ihre Decke und die muß in unserer Nähe liegen, ansonsten ist es ihr egal, wo sie liegt. Allerdings verteidigt sie ihre Decke im Zweifelsfalle, wenn ein anderer Hund kommt während sie draufliegt. Wenn wir bei Doris sind und die Corgis waren schneller auf ihrer Decke als sie, steht sie davor und schaut nur belämmert :rolleyes: so nach dem Motto, Frauchchen hilf mir mal. Wenn sie dannn liegt, dürfen aber auch die Corgis nicht mehr kommen ....
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Beantwortet 14, Aug 2008 von Anonym
Mit Kenai hab ich inzwischen auch eine Regelung gefunden, um lautstarke Begrüssungen und zu lautstarke Revierverteidigung zu verhindern. Zu Hilfe kam mir dabei ein alter Clicker. Kenai hat zu normalem CLickgeräusch anscheinend mal eine falsche Verknüpfung aufgebaut und kommt eher eingeschüchtert zu mir, wenn sie das Geräusch hört. Also baute ich damit dann nach dreimal am Zaun bellen den Click ein. Sie hörte es, kam zurück zu mir, war leise und bekam ein Leckerli. Inzwischen geht es auch ohne CLickgeräusch. 3x bellen und Ruhe ist. Bei meiner verstorbenen Hündin ging es noch einfacher. Ich schmiss ihr mal unbeabsichtigt einen Schlüsselbund an die Flanke (treffen wollte ich sie gar nicht), als sie sich mit einem Hund anlegen wollte (der einzige in 11,5Jahren, ein Neufi, der sie mal als Welpe unter ein Auto gejagd hatte). Das Scheppergeräusch blieb ihr so in Erinnerung dass ich ihr lediglich den Schlüsselbund zeigen musste, und schon war sie wieder neben mir. Egal in welchen Situationen, das half für alle Zeiten.
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Beantwortet 14, Aug 2008 von Claire (20,260 Punkte)
Klicker, Schlüssel, Rasselkette etc. sind bei Lena völlig witzlos. Sie "grinst" mich nur an, denn mit Geräuschen konnte man sie nie erschrecken. Heute klappt es zum Glück noch, dass wir durch Händeklatschen noch ihre Aufmerksamkeit kriegen, sonst würde sie inzwischen vor lauter Schwerhörigkeit sonstwohin laufen.
Bei Besuch bellen hat sie erst gelernt, als wir hierher gezogen sind und Doris' Meute bei jedem Klingeln angeschlagen hat. Wir sind da echt verwöhnt :whistling: Mal sehen, wie's beim nächsten Hund wird .... :S
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Beantwortet 15, Aug 2008 von Anonym
Da habe ich in Punkto anschlagen an der Tür Glück gehabt. Wenn er bei meinen Eltern ist und der Kleine anschlägt, dann rennt meiner zwar mit, ist aber leise und geht dann ganz enttäuscht wieder auf seinen Platz, weil es zum anschlagen für ihn keinen Grund gab, sind ja nur Leute dran vorbeigelaufen. Dafür hat der Kleine meinem beigebracht, dass wenn im Fernseh eine Klingel ertönt, dass man dann schnell zur Haustür rennen muss um zu schauen wer da kommt; das hat meiner bis heute noch nicht kapiert, dass da niemand kommt :D

Da meiner so ein extremes Sensibelchen ist, muss ich ihn nur in einem scharfen Ton ermahnen und schon benimmt er sich.

Aber die lieben Kleinen sind schon lustig.
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Beantwortet 16, Aug 2008 von Claire (20,260 Punkte)
Naja, wirklich gebellt hat Lena bei Besuch eigentlich nie. Sie hat halt von Doris' Meute gelernt, dass da irgendwas sein muß - wenn es klingelt kann man bellen. Sie ist dann immer ganz erwartungsvoll bellend zur Tür gerannt - und dann kam da bloß ein völlig uninteressanter Mensch - pfffft. Das hat sie sich dann ganz schnell wieder abgewöhnt. Heute bellt sie manchmal völlig irritiert, wenn ich mich beeile, um an die Tür zu kommen - so nach dem Motto, wenn Frauchen rennt, muß was gefährliches sein. Dann bellt sie 2x (ich hab mir sagen lassen, es hört sich draussen sehr imposant an *gg*), rennt hinter mir zur Tür, guckt kurz und verschwindet dann wieder. Es gibt wichtigeres, als die Tür zu bewachen .... :D
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Beantwortet 19, Sep 2008 von manee (38,820 Punkte)
Mir fällt auf, dass ich mich korrigieren muss. Ich schrieb:
In der Wohnung ist es schwieriger. Das Geräusch der Klingel ist wie ein Startsignal, das über 4 Jahre lang eingeübt wurde, eine richtige Konditionierung.

Das ist nicht richtig, es liegt nicht an der Klingel, wie ich inzwischen feststellen musste.
Unsere Wohnung liegt im 1. und 2. Stock. Wenn es klingelt, und ich bin schon unten, habe ich inzwischen kein Problem mehr, im Gegenteil. Vor einer Woche war ich im Erdgeschoss in der Wohnung meiner Schwiegermutter. 2x hat es in der Zeit bei mir geklingelt, und von Winnie kam nichts, gar nichts. Kein Bellen, Knurren, Runterrennen, nichts, sie blieb einfach liegen. Weil sie weiß, dass ich schon unten bin und, weil ich inzwischen die Sache "im Griff" habe, niemand unerlaubt das Haus betreten kann. Aber: Wenn wir in unserer Wohnung sind, ist niemand unten zum Kontrollieren. Woher soll sie wissen, dass ich am Fenster sehen kann, wer da kommt, und dadurch auch alles "im Griff" habe? Das ist zu schwierig für einen Hund. Und wie ich diese Geschichte meistern soll, weiß ich noch nicht, da fällt mir momentan nichts ein. :nixweiss:
Ich weiß jetzt aber wenigstens die Wurzel des Übels (immer positiv denken). :)
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