Hallo!
Ich weiß ? als erstes wird (wahrscheinlich) der Ratschlag kommen, dass man Wellensittiche nicht alleine halten soll.
Ich schildere einfach mal die Situation: wir haben seit Kindesbeinen an schon immer Wellensittiche gehabt. Die meisten von Ihnen sind zwischen sechs und acht Jahren geworden. Zuletzt hatten wir noch Felix und Charly. Felix ist irgendwann gestorben und da sich abzeichnete, dass meine Schwester bald ausziehen würde und bei mir auch nicht sicher sei, wie lange ich noch zu Hause wohnen würde, haben wir beschlossen, dass es für Felix keinen Nachfolger geben sollte. Wir haben also versucht Charly mit den Wellensittichen der Nachbarn zu vergesellschaften, was fürchterlich schief gelaufen ist. Die haben sich über die Käfige hinweg nur noch angekeift und in Anbetracht dessen, dass Charly damals schon neun Jahre alt war, haben wir den Schritt unterlassen. Wir mussten viel mehr feststellen, dass Charly regelrecht aufblühte, da er keinen kleinen aufsässigen Wellensittich mehr mit im Käfig hatte, der ihm das Futter streitig machte und ihn regelmäßig zwickte und an den Federn zog (Felix war ein kleiner Schelm, der so etwas gerne ab und zu machte, wenn ihm langweilig war).
Charly konzentrierte sich ab dann darauf meinem Vater mit fröhlichem Gezwitscher um sechs Uhr morgens den letzten Nerv zu rauben. Er wurde außerdem ein großer Fan von Gläsern, Wasser und Taschentüchern (Stichwort: Duschen ? das Wort versteht er auch sehr gut). Insgesamt hat er seine Aufmerksamkeit einfach mehr auf seine Menschen gelegt und er bekommt auch Aufmerksamkeit von drei Menschen zurück. Genau soviel wie er heute braucht, da er auch sehr schnell mittlerweile müde ist und er mehrere kleine Siestas am Tag einlegt. Schließlich geht er jetzt in sein 13. Lebensjahr. Er sieht lediglich nicht mehr so gut und verlässt sich mehr auf Geräusche und Gerüche.
Eigentlich hatte man uns prophezeit, dass ein Wellensittich alleine sich bald die Federn ausrupfen und sterben würde ? spätestens innerhalb eines Jahres. Aber dem ist nicht so. Charlys Federn waren schöner denn je und von sterben keine Spur.
Und jetzt kommt es: ich schreibe ?waren schöner denn je?. Denn im Moment sieht mein Schatz gar nicht gut aus. Seine Federn sind struppig und er sitzt breitbeinig und mit dem Bauch auf der Stange. Er schaut müde aus und begrüßt meinen Vater morgens auch nicht mehr mit fröhlichem Gezwitscher.
Zu einem Tierarzt bringen? Nein. Das können wir ihm nicht antun. Bei dem letzten Versuch hat der Tierarzt ihm ein Bein gebrochen, mit dem er heute zum Glück super zurrecht kommt. Wahrscheinlich würde er selbst die Fahrt zu einem Spezialisten kaum überleben und spätestens in den Händen einer fremden Person sterben. Er hat Angst vor fremden Personen und freut sich ? so mein Glaube ? darüber, dass die Leute hinter Gittern sind und nicht an ihn ran können. Er hat lediglich Vertrauen zu meinen Eltern, meiner Schwester, mir und ? komischerweise ? zu meinem Freund, den er beim ersten Anblick in sein kleines Herz geschlossen hat.
Ich schreibe hier also, weil ich vermute, dass es mit meinem kleinen Schatz zu Ende geht. Ich habe ihm heute morgen eine Rotlichtlampe in ca. 1 Meter Entfernung an seinen Käfig gestellt, da ich meine mal gelesen zu haben, dass die Wärme ganz gut für ihn wäre. Was kann ich noch tun, damit es ihm etwas besser geht?
Ich hoffe, dass mein kleiner Schatz sich nicht quält. Denn ich wünsche mir eigentlich, dass ? wenn er einmal stirbt ? er einfach nur friedlich einschläft. Aber darauf hat man leider keinen Einfluss. Ich hoffe, dass er keine Schmerzen hat.
Dieses Mal sind wir uns leider einig, dass unser geliebtes Familienmitglied es wahrscheinlich nicht schaffen wird ? alleine schon aufgrund seines Alters.
Jule